365-Euro-Ticket auf die lange Bank geschoben: Kein schneller Neustart für Nahverkehr in Bochum

Die Linksfraktion im Bochumer Rat kritisiert, dass die Rathaus-Koalition die Förderung des Nahverkehrs auf die lange Bank schiebt. Mit einem Änderungsantrag im Mobilitätsausschuss haben die SPD und die Grünen vorerst verhindert, dass im kommenden Haushalt Geld für die Einführung eines günstigen Jahrestickets zu Kosten von einem Euro pro Tag eingeplant wird.

DIE LINKE hatte beantragt, dass die Stadt Bochum die notwendigen finanziellen Mittel für eine einjährige Pilot-Phase berücksichtigt. Mit den Stimmen der Koalition wurde der Antrag nun so abgeändert, dass die Einführung lediglich geprüft wird – und dass eine Gegenfinanzierung des Landes notwendig sei.

Wolfgang Möller, DIE LINKE

„Uns ist immerhin gelungen, das Thema auf die politische Tagesordnung zu bringen“, sagt Wolfgang Möller, Vertreter der Bochumer LINKEN im Mobilitätsausschuss. „Wir werden weiter Druck machen. Die Einführung eines Tickets, das sich mehr Menschen leisten können, ist dringend notwendig. Expertinnen und Experten befürchten, dass der Corona-bedingte Rückgang bei der Nutzung von Bus und Bahn sonst ein dauerhafter Trend wird. Das wäre ein empfindlicher Rückschlag für die soziale und ökologische Verkehrswende.“

Im Jahr 2019 hat der VRR eine Modellrechnung vorgelegt, wonach die Einführung eines 365-Euro-Tickets für Bochum 11,9 Millionen Euro jährlich kosten würde. „Das ist durchaus von der Stadt finanzierbar, wenn der politische Wille da ist“, sagt Wolfgang Möller. „Zum Vergleich: Auf der vergangenen Ratssitzung wurden mehr als 20 Millionen Euro überplanmäßig für die Entwicklung des ehemaligen Opel-Geländes beschlossen, die gar nicht im Haushalt vorgesehen waren. Allein zur Finanzierung der Verluste des klimaschädlichen Trianel-Kohlekraftwerks Lünen hat die Stadt Bochum bereits mehr als 87 Millionen Euro bezahlt.“

Das vorgeschlagene 365-Euro-Ticket für alle wäre neun Euro im Monat günstiger als das aktuelle Sozialticket-Angebot, das DIE LINKE als völlig überteuert und im Rahmen des Hartz-IV-Bezugs als nicht finanzierbar kritisiert. Insgesamt setzt sich DIE LINKE für eine stärkere Förderung und einen deutlichen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ein, sowie für den Umbau der gesamten ÖPNV-Finanzierung auf öffentliches Solidarmodell ohne Ticketpreise. Die Einführung eines günstigen Jahrestickets zum Preis von einem Euro pro Tag wäre ein wichtiger Zwischenschritt dahin. Weitere Zwischenschritte wären für DIE LINKE ein kostenloses Sozialticket und ein kostenfreies Angebot für Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende.