Am Mittwoch, den 3. März hat der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Bochumer Rats getagt – zum ersten Mal in diesem Jahr überhaupt. Bereits im Vorfeld stand in der Kritik, dass der Ausschuss trotz Corona dieses Jahr insgesamt nur fünf Mal zusammentreten soll.
Daher hat die Linksfraktion beantragt, dass in diesem Jahr mindestens zwei zusätzliche Sitzungen stattfinden sollen. „Wir befinden uns aktuell in der größten gesundheitlichen und sozialen Krise seit Jahrzehnten“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Bochumer LINKEN Gültaze Aksevi in der Debatte. „Die Krise kann nicht nur von einem verwaltungsinternen Krisenstab verwaltet werden. Es ist unsere Aufgabe, Lösungen für die großen sozialen Probleme der Corona-Krise auf den Weg zu bringen. Politik darf sich da nicht wegducken!“ Zwar lehnte die Ausschuss-Mehrheit angeführt von SPD, Grünen und CDU den Antrag ab, einen Teilerfolg gibt es trotzdem zu vermelden: So erklärte sich die Ausschuss-Vorsitzende Ayse Balyemez nach unserem Vorstoß zumindest bereit, im Oktober zu einer zusätzlichen Sitzung einzuladen. Dieser eine zusätzliche Termin ändert allerdings nichts daran, dass teilweise mehr als zweieinhalb Monate zwischen den einzelnen Ausschuss-Sitzungen liegen – nach Meinung der Linksfraktion angesichts der dynamischen Krisenentwicklungen eine viel zu lange Zeit.
Keine Öffnung Bochumer Hotels für Wohnungslose – trotz Protesten
Abgelehnt hat die Ausschuss-Mehrheit auch den Antrag „Öffnung von Hotels für Wohnungslose, Erweiterung des Kältekonzepts“ der Linksfraktion. Damit stellte sich die Rathaus-Mehrheit aktiv gegen die gemeinsame Forderung von 34 Bochumer Organisationen. Sozialdezernentin Britta Anger argumentierte, dass die Plätze in den Notschlafstellen nicht vollständig ausgelastet seien. Gültaze Aksevi entgegnete für die Linksfraktion: „Darauf antworten wir mit unseren Bündnispartnern: Fest steht, die aktuellen Angebote erreichen nicht alle Menschen in Not. Das Angebot einer Unterbringung Hotelzimmern kann nicht schaden, aber hat zumindest das Potential, einige zusätzliche Menschen davon abzuhalten ihr Leben draußen zu riskieren. Die Hotelzimmer stehen im Moment leer und sind auf staatliche Hilfen angewiesen. Wir fragen: Warum sollten sie weiterhin leerstehen, wenn es Menschen gibt, die diese Orte nutzen können, um sich in Sicherheit zu bringen?“ Einwände, dass der Antrag zu spät komme, weil der Winter bereits vorbei sei, wies sie ebenfalls energisch zurück: „Die vorübergehende Unterbringung von Obdachlosen in Hotels haben wir bereits im vergangenen April beantragt. Besser wäre es gewesen, das damals zu beschließen. Aber ich möchte daran erinnern: Die ersten bekannten Kältetoten in Deutschland gab es diesen Herbst bereits im September. Um auf der Straße zu erfrieren, braucht es keine Minus-Temperaturen. Auch ist der Beschluss sinnvoll, weil es uns ja auch darum geht, mit den Sofortmaßnahmen Erfahrungen für die dringend notwendige Erweiterung des Kältekonzepts zu sammeln. Weiter wollen wir die Verwaltung ja auch beauftragen, ein Konzept zur Schaffung von zusätzlichen infektionssicher nutzbaren Tagesaufenthalten zu erstellen, um die durch Corona stark reduzierten Kapazitäten zu erhöhen.“ All diese Argumente ließ die Rathaus-Koalition abblitzen. Als Linksfraktion werden wir uns trotzdem weiterhin für die dringend notwendige suzbstanzielle Überarbeitung des städtischen Kältekonzepts einsetzen.
Um diesen Prozess voranzutreiben, haben wir dazu bereits zu dieser Sitzung eine Anfrage eingereicht: Im dem Konzept schreibt die Stadt nämlich, dass sie für den gesamten Winter 2020/21 insgesamt 30 „Notfallpakete“ zusammenstellt habe, welche „jeweils aus einem Rucksack, einem Schlafsack, einer Iso-Matte und einem Hygienepaket“ bestehen. Angesichts der Tatsache, dass die lokalen Träger der Obdachlosenhilfe jeden Winter hunderte von Schlafsäcken verteilen, wollen wir von der Verwaltung wissen: Welcher Beitrag sollte mit dieser sehr kleinen Anzahl geleistet werden? Ist zumindest geplant, die Zahl für den kommenden Winter substanziell zu erhöhen? Und können entsprechende Notfallpakete vielleicht durch aktiv wärmende Ausrüstung ergänzt werden? Die Anfrage im Wortlaut.
SPD verhindert Beschluss zur Hilfe in der Krise
Unserer Meinung nach überflüssigerweise vertagt wurde ein Beschlussvorschlag der Verwaltung, die Arbeit der Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum (MFH) finanziell abzusichern. Insbesondere auf Grund erheblicher Mindereinnahmen bei den Spendengeldern während der Corona-Krise ist die MFH im vergangenen Jahr in eine existenzielle Bedrohung geraten. Auch aktuell fehlen dem gemeinnützigen Verein, der in unserer Stadt Überlebende der Flucht psychosozial und medizinisch unterstützt, wichtige Gelder. Während wie Verwaltung vorschlug, bei dem Verein mit einem Grundsatzbeschluss für Planungssicherheit zu sorgen, verhinderte dies die SPD: Sie meldete „Beratungsbedarf“ an und will erst in einigen Monaten darüber entscheiden.
Erstattung von Fahrtkosten zum Jobcenter
Mit Unterstützung der Linksfraktion hat der Sozialausschuss einstimmig die Verwaltung beauftragt, zu prüfen, wie sich das Verfahren zur Abrechnung von Fahrtkosten mit dem ÖPNV zu Terminen im Jobcenter vereinfachen lässt. Das Ziel ist, dass Betroffene nicht mehr umständliche Reisekostenanträge ausfüllen müssen. Eine Vereinfachung ist hier unserer Meinung nach hier eindeutig geboten. Kritisch äußerte sich allerdings Michael Niggemann, auf Vorschlag der Linksfraktion in den Ausschuss gewählter Sachkundiger Einwohner, zu einem Vorschlag der SPD-Grünen-Koalition. In der Antragsbegründung schlugen die Parteien nämlich ein Ticketsystem vor, „welches zum Beispiel vorsieht, dass die Einladungen des Jobcenters gleichzeitig auch eine Fahrkarte für Bus- und Bahn sind“. Die bezeichnete Niggemann als datenschutzrechtlich bedenklich – niemand solle dazu gezwungen werden, in der Öffentlichkeit mit einer Einladung zum Jobcenter herumwedeln zu müssen. Er formulierte die Erwartung, dass die Verwaltung in Kooperation mit dem Jobcenter hier einen besseren Vorschlag entwickelt.