Bundesregierung schürt mit Waffenexporten Konflikte im Nahen Osten

Die beiden großen Kirchen in Deutschland kritisieren zurecht die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung. Die im Juni beschlossenen Verschärfungen bei der Kontrolle von Waffenlieferungen stellten zwar einen Fortschritt dar, insgesamt seien sie aber unzureichend, heißt es im aktuellen Jahresbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE).

Tatsächlich liegt Deutschland mit Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von 7,42 Milliarden Euro per Ende Oktober nicht nur schon deutlich über dem Gesamtwert des vergangenen Jahres, als sich die Summe auf 4,8 Milliarden Euro belief. Sevim Dagdelen, die als abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE diese Zahlen von der Bundesregierung erfragt hat, geht vielmehr davon, dass bis Ende Dezember der Rekordwert des Jahres 2015 mit 7,82 Milliarden Euro überschritten werden dürfte.

Größter Abnehmer deutscher Waffen war Ungarn. Das EU- und NATO-Mitglied erhielt für gut 1,8 Milliarden Euro verschiedene Panzertypen, ferner Lkw und Geländefahrzeuge. Auf Platz zwei steht Algerien mit etwa 843 Millionen Euro, gefolgt von Ägypten, das für rund 800 Millionen Euro Flugkörper, Raketenteile und dazu gehörige Zielerfassungssysteme bekommen hat. „Es ist nachgerade zynisch, dass die Bundesregierung die deutschen Rüstungsexporte in Krisenländer wie Algerien gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel auf 3,2 Milliarden Euro gesteigert hat und zudem wenig verantwortungsbewusst und eine Missachtung eigener Prinzipien und Gesetze, dass mit Ägypten und den Emiraten zwei am Jemen-Krieg beteilige Länder unter den Top-Ten der Hauptabnehmer deutscher Waffen sind“, kritisiert Sevim Dagdelen.

Erschwerend kommt hinzu, dass mit den Vereinigten Arabischen Emiraten ein weiterer am Jemen-Krieg maßgeblich beteiligter Staat unter den zehn Hauptempfängerländern deutscher Rüstungsgüter rangiert.

Mit bislang rund 226 Millionen Euro steht auch Katar auf der Liste der zehn Hauptempfängerländer. Die Türkei und Katar pflegen seit langer Zeit enge politische Beziehungen, die nicht zuletzt auf gemeinsamen geostrategischen Interessen in der Region basieren. Zudem gehört die katarische Wirtschaft zu den großen Investoren in der Türkei. Und auch als Kreditgeber spielt Katar eine wichtige Rolle für die Regierung in Ankara. Bekannt sind der Bundesregierung auch Äußerungen des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu am 3. November 2019. Nach einem Treffen mit katarischen Scheich Tamim bin Hamad Al Thani in Doha am Rande einer Konferenz der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) zu Somalia dankte Cavusoglu Katar ausdrücklich für die finanzielle Hilfe im Rahmen des völkerrechtswidrigen Einmarsches der Türkei in Syrien („Operation Friedensquelle“). Katar hat die türkische Invasion nicht verurteilt und Vorbehalte gegen eine Verurteilung durch die Arabische Liga geltend gemacht.

Auch wenn die Bundesregierung entsprechende Kenntnis darüber hat, hält es sie nicht von weiteren Rüstungsexportgenehmigungen an Katar ab. Für Sevim Dagdelen steht fest: „Wer in Spannungsgebiete wie Katar immer noch Waffen liefert, das den türkischen Einmarsch im Nordosten Syriens finanziert hat und im gesamten arabischen Raum den islamistischen Terrorismus der Muslimbruderschaft unterstützt, schürt Konflikte im Nahen Osten.“

Vor dem Hintergrund, dass von den 7,42 Milliarden Euro an Rüstungsexportgenehmigungen etwa 3,2 Milliarden Euro (43,54 Prozent) Richtung Drittstaaten – also weder EU- noch NATO- bzw. NATO-gleichgestellte Staaten – gehen, fordert Sevim Dagdelen ein generelles gesetzliches Verbot von Waffenexporten – an Drittstaaten, aber auch an Verbündete. Mit ca. 3 Milliarden Euro (40,59 Prozent) genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte an EU-Länder. Etwa 15,87 Prozent (1,18 Milliarden Euro) gehen an NATO- und NATO-gleichgestellte Länder.

Quelle: linksfraktion.de