Liebe Leser*innen,
die Weigerung der Rathaus-Koalition und der Verwaltung, angesichts der Corona-Krise andere nicht dringliche Entscheidungen zu vertagen, stellt die demokratische Öffentlichkeit in Bochum vor besondere Herausforderungen. Weil die Beschlüsse zur Krise dazu kommen, gibt es aktuell deutlich mehr folgenschwere Entscheidungen bei deutlich weniger öffentlicher Debatte und weniger Beteiligung der Stadtbevölkerung. Die Ausschüsse des Rates tagen in Notbesetzung. Über Mitteilungen der Verwaltung wird auf den Sitzungen nicht mehr diskutiert. Auch bei der Ratssitzung blieb fast jedes zweite gewählte Ratsmitglied zuhause. Und trotzdem werden umstrittene Entscheidungen weiter durchgedrückt. Die besondere Situation zeigt sich auch in diesem Newsletter: Normalerweise bemühen wir uns, hier von den acht bis zehn wichtigsten Themen des Monats zu berichten. Bei den gleichen Auswahl-Kritierien wie sonst kommen wir dieses Mal jedoch auf 19 Themen. Trotzdem haben wir uns entschieden, den Bericht über die ungewöhnliche Ratssitzung am 30. April und zu unseren sonstigen Aktivitäten nicht weiter zusammen zu kürzen. Wir laden herzlich dazu ein, diese „Zumutung“ anzunehmen und diesen Newsletter dennoch durchzulesen. Denn wir sind der Überzeugung, dass Informationen, Öffentlichkeit und kritische Einschätzungen gerade jetzt besonders wichtig sind.
Die Themen im Einzelnen:
1. „Demokratisch bleiben“: Proteste und Position der Linksfraktion
2. Arbeitgeber-nahe Resolution für das Hotel- und Gaststättengewerbe
3. Solidarisch durch die Krise: Zusätzliche Maßnahmen dringend nötig!
4. Kurzarbeit: Übergroße Koalition für Ungleichbehandlung
5. Trotz Corona: Rathaus-Koalition verlangt Millionen-Rendite von VBW
6. Träger der Jugend- und Sozialarbeit besser schützen!
7. Teilerfolg: Bochumer Kulturschirm kommt
8. Umstrittene Bebauungspläne: Keine ernsthafte Diskussion
9. Rat beschließt Subventionen für Mieterhöhungs-Projekte
10. Haus des Wissens: Für eine kommunale Markthalle!
11. Schulöffnungen: Verwaltung antwortet unzureichend
12. Ämter-Rochade im Fraktionsvorstand
13. Unterstützung für „Bochum hilft“
14. Radverkehr 1: Linksfraktion relativiert städtische Berechnung
15. Radverkehr 2: Keine Corona-Radwege, kein zusätzliches Personal
16. Corona-Soforthilfe kann zur Falle werden
17. Abschiebungen aus Bochum
18. Video zum 1. Mai
19. In eigener Sache: Telefonsprechstunden der Linksfraktion
1. „Demokratisch bleiben“: Proteste und Position der Linksfraktion
Die aktuellen Vorgänge rund um die politischen Gremien in unserer Stadt sehen nicht nur wir kritisch. Bereits zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Donnerstag vor einer Woche protestierte das Netzwerk bürgernahe Stadtentwicklung vor dem Rathaus dagegen, dass Termine der Bürgerbeteiligung wegen Corona ausgesetzt werden, die Beschlüsse jedoch trotzdem fallen sollen. Video von der Demo. Als Linksfraktion haben wir die Kundgebung unterstützt. Gemeinsam mit dem Kreisverband der LINKEN haben wir außerdem eine Erklärung für bestmöglichen Gesundheitsschutz und volle demokratische Teilhabe auch in Zeiten der Corona-Pandemie veröffentlicht. Darin fordern wir, aufschiebbare Entscheidungen zu vertagen, bis eine unbeeinträchtigte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger möglich ist. Außerdem verlangten wir ein Live-Streaming von öffentlichen Sitzungen und äußerten unser Unverständnis über die Planungen zur Ratssitzung: Auf der Tagesordnung standen 60 Tagesordnungspunkte, viele davon mit einschneidenden Folgen für unsere Stadt. Trotz der Verlegung in den RuhrCongress, wo genug Platz wäre, um allen gewählten Mandatsträger*innen eine sichere Teilnahme zu ermöglichen, lautete der Vorschlag, dass jedes zweite gewählte Ratsmitglied sein Mandat nicht wahrnehmen soll.
Am Tag der Ratssitzung stellte sich dann auch noch heraus, dass die Stadt zentrale Zusagen an die Bochumer Öffentlichkeit nicht einhält. Angesichts der Debatten über fehlende Öffentlichkeit hatte die Stadtverwaltung zuvor in einer Presseerklärung verkündet: „Der alternative Sitzungsort wurde vor allem auch deshalb gewählt, da im RuhrCongress bei Einhaltung der Sicherheitsabstände für die interessierten Bürgerinnen und Bürger mindestens so viel Besucherplätze angeboten werden können, wie zu ’normalen‘ Zeiten.“ Dieses Versprechen hat die Stadt gebrochen: Statt im großen Kongressaal fand die Sitzung nur in einem kleinerem Raum in RuhrCongress statt. Statt der versprochenen 80 Plätze für Bürger*innen und Bürger (so viele gibt es in normalen Zeiten im Ratssitzungssaal) sollten nur 33 reingelassen werden. Vor dem Kongresszentrum haben derweil erneut Bochumer*innen für eine echte Bürgerbeteiligung protestiert. Unseren Antrag, zumindest die Beschlüsse zu den umstrittenen Bebauungsplänen und zum „Haus des Wissens“ zu verschieben, lehnte die SPD-Grünen-Koalition zu Beginn der Sitzung ab – mit Unterstützung u.a. auch der CDU. Daraufhin beantragten wir, dass dann zumindest ein Vertreter der Bürger*inneninitiative Schlosspark die Position der organisierten Anwohner*innen zu dem Bebauungsplan vortragen darf. Ebenfalls ohne Erfolg: Die Ratsmehrheit stimmte dagegen, die Sitzung kurz zu unterbrechen, um dem Vertreter der Bürgerinitiative das Wort zu erteilen.
2. Arbeitgeber-nahe Resolution für das Hotel- und Gaststättengewerbe
Als erster inhaltlicher Punkt stand auf der Ratssitzung eine Resolution mit dem Titel „Perspektiven für die Gastronomie“ zur Abstimmung. Normalerweise werden Resolutionen jeweils von allen Ratsfraktionen im Vorfeld gemeinsam besprochen, und alle haben Gelegenheit, Änderungsvorschläge zu machen. Dieses Mal nicht. Anders als sonst wurde der Text von CDU, SPD, Grünen, UWG/Freie Bürger und FDP/Stadtgestaltern gemeinsam eingereicht, ohne die Linksfraktion bei der Ausarbeitung zu beteiligen. Wir gehen davon aus, dass es sich dabei um eine Retourkutsche dafür handelt, dass wir das Durchpeitschen von nicht dringlichen Beschlüssen in unvollständig besetzten Gremien öffentlich kritisiert haben. Was jedenfalls dabei herauskommt, wenn die Linksfraktion in dieser Form ausgegrenzt wird, ist an dem Resolutionstext deutlich zu erkennen: Es handelte sich um einen einseitigen Forderungskatalog, der klingt, als sei er aus der Feder des Hotel- und Gaststätten-Lobbyverbands DEHOGA entsprungen. So fordern die Parteien zum Beispiel, lediglich die „Hotel- und Gastronomiebetreiber“ bei den Debatten zur Wiedereröffnung von Betrieben zu beteiligen, nicht aber die Gewerkschaften und Betriebsräte. Insgesamt fällt der Ratsbeschluss sogar hinter den Hilferuf der Standortgemeinschaft Bermuda3Eck zurück, die immerhin darauf hinweist, dass die aktuellen Regelungen zur Kurzarbeit die Aushilfen komplett im Regen stehen lassen. Tatsächlich war selbst für uns überraschend, dass auch die SPD und die Grünen eine Resolution vorlegen, die dermaßen einseitig aus Arbeitgeber-Perspektive argumentiert, ohne die existenziellen Probleme der Beschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe auch nur zu erwähnen. Wegen dieser Einseitigkeit haben wir uns bei der Abstimmung enthalten. Gleichzeitig macht diese Resolution für uns einmal mehr deutlich, warum eine linke Opposition unserer Stadt dringend nötig ist.
3. Solidarisch durch die Krise: Zusätzliche Maßnahmen dringend nötig!
Ebenfalls zur Abstimmung stand eine Beschlussvorlage zu „haushalterischen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise„. Darin fasst die Verwaltung zusammen, für welche Maßnahmen sie in der Krise Geld ausgeben will. In der Debatte erklärte unser Ratsmitglied Benny Krutschinna: „Für uns sind diese Maßnahmen nicht ausreichend. Dass die Stadt für die Schließzeit von Schulen und Kitas auf die Elternbeiträge verzichtet, ist natürlich richtig, aber eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit. Wir kritisieren, dass die Honorarkräfte bei der VHS und beim Familienpädagogischen Zentrum lediglich ein halbes Monatshonorar als Ausfallzahlung bekommen sollen. Das lindert die Not nur wenig. Die Stadt Bochum sollte für ihre prekär Beschäftigten die gleiche Verantwortung übernehmen wie für ihre festangestellten Mitarbeiter*innen.“ Die Rede im Wortlaut. Um mit den anderen Fraktionen frühzeitig ins Gespräch über zusätzliche Maßnahmen zu kommen, hatten wir bereits zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses einen Antrag mit zehn Maßnahmen zur solidarischen Bewältigung der Corona-Krise eingereicht. Darin schlagen wir unter anderem vor, dass die Sparkasse bis auf weiteres auf die Erhebung von Dispozinsen verzichtet und dass dass das Bochumer Jobcenter auch bereits bestehende Hartz-IV-Sanktionen aussetzt. Außerdem sollen Obdachlose und Geflüchtete statt in engen Sammelunterkünften in zusätzlich angemieteten Ferienwohnungen und Hotels untergebracht werden. Ebenfalls beantragten wir: „So lange die Bevölkerung aufgefordert ist, Kontakte zu vermeiden und möglichst zuhause zu bleiben, wird die Verwaltung alle öffentlichen Sitzungen des Rates und seiner Gremien per Video-Stream auf der städtischen Internetseite übertragen.“ Mehr Infos zu unserem Maßnahmenpaket. Leider lehnte die Ratsmehrheit aus SPD und Grünen jeden einzelnen unserer Vorschläge zur Abmilderung der Folgen der Krise ab. Dazu Benny Krutschinna im Rat: „Das ist sehr schade und schlecht für die Menschen in unserer Stadt.“
4. Kurzarbeit: Übergroße Koalition für Ungleichbehandlung
Mit einem Dringlichkeitsantrag zur Ratssitzung haben wir außerdem auf die Ankündigung von städtischen Tochtergesellschaften reagiert, wegen der Corona-Krise Kurzarbeit anzumelden. Kurzarbeit im Öffentlichen Dienst war in der Vergangenheit nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Jedoch einigten sich die Gewerkschaften nun kurzfristig mit den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auf die Änderung des Tarifvertrags bei gleichzeitiger Aufstockung des Kurzarbeiter*innengeldes auf 90 bzw. 95 Prozent des Netto-Einkommens. Anlass für unseren Dringlichkeitsantrag war nun, dass die städtischen Tochtergesellschaften und Beteiligungen ihre Angestellten nicht nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlen, und dass nicht alle das Kurzarbeitergeld aufstocken wollen. Das führt zu der sozial ungerechten Situation, dass gerade in Bereichen, in denen sowieso schon weniger verdient wird, das Kurzarbeitergeld prozentual deutlich geringer ausfallen kann als bei den direkt bei der Stadt Beschäftigten. Um alle für die Stadt arbeitenden Beschäftigten gleichermaßen abzusichern und soziale Härten abzufedern, beantragten wir, dass bei allen Tochtergesellschaften und Beteiligungen das Kurzarbeitergeld mindestens genauso aufgestockt wird wie im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vorgesehen. Unser Antrag im Wortlaut. Inhaltliche Argumente gegen unseren Antrag hatten die Vertreter*innen der anderen Fraktionen auf der Ratssitzung nicht vorzutragen – und trotzdem stimmte eine von SPD, CDU und Grünen angeführte Mehrheit gegen dieses bisschen mehr Sicherheit für alle, bei den städtischen Tochtergesellschaften und Beteiligungen arbeiten.
5. Trotz Corona: Rathaus-Koalition verlangt Millionen-Rendite von VBW
Kein Umdenken der Ratsmehrheit gab es leider im Umgang mit der mehrheitlich städtischen Wohnungsgesellschaft VBW. Mit einem Änderungsantrag zum VBW-Wirtschaftsplan 2020 haben wir uns für eine Streichung der Millionen-Gewinnausschüttung an die Stadt eingesetzt. In der Debatte erklärte Horst Hohmeier für unsere Fraktion: „Angesichts der Corona-Krise haben viele Mieter*innen wegen Kurzarbeit, fehlenden Aufträgen und drohendem Arbeitsplatzverlust Schwierigkeiten, ihre Miete zu bezahlen. In dieser Situation ist es nicht angebracht, an den hohen VBW-Renditezielen festzuhalten. Es ist völlig falsch, Bochums größten Vermieter dazu zu verpflichten, auf Kosten der Mieterinnen und Mieter fast sieben Millionen Euro an Überschüssen zu erwirtschaften.“ Hohmeier wies darauf hin, dass drei Millionen davon an die Anteilseigner ausgeschüttet werden sollen, hauptsächlich an die Stadt. „Die Ausschüttung sorgt für unnötig hohe Mieten bei der VBW damit auch für ein künstlich erhöhtes Mietpreisniveau in unserer Stadt.“ Der Bochumer Mieterverein kritisiert die Gewinnausschüttung ebenfalls scharf und hat ausgerechnet: Alleine durch den Verzicht auf die Gewinnausschüttung könnte die Miete jeder freifinanzierten VBW-Wohnung im Durchschnitt 50 Euro pro Monat günstiger ausfallen. Die von SPD und Grünen angeführte Ratsmehrheit zeigte sich gegenüber diesen Argumenten jedoch resistent, und beschloss, dass die VBW von ihren Mieterinnen und Mietern auch im Krisenjahr 2020 die höheren Mieten weiter kassieren soll.
6. Träger der Jugend- und Sozialarbeit besser schützen!
Auf der Ratssitzung haben wir uns außerdem für einen besseren Schutz der Bochumer Träger der Jugend- und Sozialarbeit in der Krise eingesetzt. Der Hintergrund ist, dass die Verwaltung angekündigt hat, sozialen Dienstleistern und Einrichtungen die finanziellen Mittel zu streichen, wenn sie ihre Aufgaben wegen der Schließungen in der Corona-Krise nicht oder nur sehr eingeschränkt ausüben können. Potentiell betroffen sind davon zum Beispiel viele Träger der Jugendarbeit, der Tagesaufenhalt für Wohnungslose und das Haus der Begegnung des Paritätischen. Nach Streichung der Mittel durch die Stadt sollen diese Einrichtungen dann Anträge nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz stellen, um in der Regel höchstens 75 Prozent der üblichen Mittel doch noch zu erhalten. Dazu erklärte unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi auf der Sitzung: „Im Bereich der Jugend- und Sozialarbeit ist es zumeist überhaupt nicht so, dass die aktuelle Schließung von Einrichtungen dazu führt, dass die Träger keine Leistung erbringen. Häufig ist genau das Gegenteil der Fall: Die Verbände kümmern sich weiter um ihre Zielgruppen. Sie haben in der aktuellen Situation sogar Mehrarbeit. Wenn, dann müsste es für sie mehr Geld geben und nicht weniger!“ Sie forderte daher, dass die Aussetzung der Zahlungen durch die Stadt, die Anträge nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz überhaupt erst nötig machen würden, wirklich die absolute Ausnahme bleiben muss. „Denn über eins müssen wir uns klaren sein: Auch eine Kürzung der Mittel um 25 Prozent würde die Träger in ernsthafte Probleme bringen. Und das kann niemand von uns wollen.“
Um demokratische Kontrolle über die drohenden Mittelstreichungen herzustellen, beantragte Gültaze Aksevi, dass die Entscheidung darüber nicht intern von der Verwaltung, sondern vom zuständigen Fachausschuss des Rates getroffen werden soll. „Mit dieser Ergänzung können wir eine verantwortungsvolle Diskussion ermöglichen und die Träger bestmöglich absichern.“ Der Redebeitrag inkl. Antrag im Wortlaut. Leider hat die Rathauskoalition aus SPD und Grünen diesen Ergänzungsantrag für demokratische Kontrolle und zusätzliche Transparenz abgelehnt. Damit bleibt es dabei, dass die Stadtverwaltung in Eigenregie und unter Ausschluss der Öffentlichkeit entscheiden kann, wichtigen Trägern der Jugend- und Sozialarbeit die Mittel zu streichen.
7. Teilerfolg: Bochumer Kulturschirm kommt
In einem anderen Bereich gab es zumindest einen Teilerfolg. Bereits im Vorfeld der Sitzung des Kulturausschusses am 25. März hatte sich unser Ratsmitglied Horst Hohmeier für finanzielle Hilfen für diejenigen stark gemacht, die von der Aussetzung des Bildungs- und Kulturbetriebes in eine existenzbedrohende Lage geraten. Unter anderem forderte er zweckgebundene kommunale Hilfen für Bildungs- und Kultureinrichtungen: „Damit diese Träger ebenfalls Ausfallhonorare zahlen können, muss die Stadt bewilligte Fördermittel auch dann zur Verfügung stellen, wenn Projekte nicht durchführbar sind. Wo die Stadt Vermieterin ist, soll sie für die Dauer des Stillstands die Miete erlassen. Bei institutionellen Fördermitteln kann die Auszahlung vorgezogen werden, um den Einrichtungen über die Krise zu helfen. All diese Maßnahmen müssen jetzt sehr schnell umgesetzt werden, wenn es nicht zu noch größeren sozialen Verwerfungen kommen soll.“ Mehr Infos. Während die Stadt zum Beispiel bei der Musikschule bisher an deutlich zu geringen Ausfallhonoraren festhalten will, konnte sich zumindest der Vorschlag von kommunalen Hilfen für die freien Kultureinrichtungen durchsetzen. Mit den Stimmen der Linksfraktion beschloss der Rat 120.000 Euro zur Unterstützung von Bochumer Künstler*innen, Initiativen, Vereinen und Kultureinrichtungen zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Das ist eine relativ kleine Summe, aber aus unserer Sicht zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere Maßnahmen müssen aus unserer Sicht allerdings dringend folgen, wenn die Stadt nicht mitverantwortlich für große finanzielle Not und Überschuldung sein will. Unerfüllt ist bisher zum Beispiel unsere Forderung, dass die Stadt für die Dauer der Schließung von Einrichtungen die Miete nicht nur stundet, sondern erlässt.
8. Umstrittene Bebauungspläne: Keine ernsthafte Diskussion
Verschieben wollten sie die Beschlüsse über umstrittene Bebauungspläne nicht, ernsthaft diskutieren aber ebenso wenig: Der Rat hat die Planungsverfahren zum Gelände der ehemaligen Lewacker-Schule, zur Schlossstraße in Bochum-Weitmar und um den Edeka-Neubau im selben Stadtteil ohne Änderungen durchgewunken. Insbesondere an den Plänen zum Edeka-Neubau in Weitmar übte Horst Hohmeier für unsere Fraktion scharfe Kritik. Das grundlegende Verkehrsgutachten hatte die Verwaltung den Ratsfraktionen erst sehr kurzfristig vor der Sitzung zukommen lassen, und nach einer ersten Durchsicht wirkt es auf uns so, als seien dort die Zahlen künstlich kleingerechnet worden. „Es ist an der Zeit, dieses Projekt, das von vielen im Stadtteil in dieser Form überhaupt nicht gewünscht wird, noch einmal grundsätzlich zu überdenken“, appellierte Horst Hohmeier an die Ratsmitglieder der anderen Fraktionen. Für den Moment ohne Erfolg. Als Linksfraktion werden wir uns in Bezug auf die Bauvorhaben weiterhin für den Ausbau der Bürger*innen-Mitbestimmung einsetzen. Unserer Auffassung nach ist das gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmaß an Beteiligung hier keineswegs ausreichend.
9. Rat beschließt Subventionen für Mieterhöhungs-Projekte
Mit zwei Änderungsanträgen zur Ratssitzung haben wir versucht zu verhindern, dass städtische Förderprogramme die Krise beim bezahlbaren Wohnraum weiter verschärfen. Zur Abstimmung standen ein kommunales Förderprogramm für passiven Lärmschutz und ein kommunales Wohnungs-Modernisierungsprogramm. Bei beiden Programmen können Vermieter*innen Fördermittel beantragen. Mit unseren Änderungsvorschlägen wollten wir erreichen, dass die Stadt nur solche Maßnahmen finanziell unterstützt, die von Vermieterinnen und Vermietern nicht zur Erhöhung der Warmmiete genutzt werden. „Viele Menschen in unserer Stadt haben begründete Angst vor solchen zusätzlichen Mieterhöhungen“, sagte unser Ratsmitglied Benny Krutschinna in seiner Antragsbegründung. „Die Stadt sollte daher mit ihren Förderprogrammen keine weiteren Anreize dafür schaffen, ärmere Haushalte zusätzlich zu belasten oder sogar zu verdrängen.“ Die Rede im Wortlaut. Mit ihrem Abstimmungsverhalten zeigten die Mehrheitsparteien allerdings leider einmal mehr, wie wenig ihnen an einer Stabilisierung der Mietpreise in Bochum liegt – sie lehnten beide Änderungsanträge ab. Der Änderungsantrag zum Lärmschutzprogramm und zum Modernisierungsprogramm im Wortlaut.
10. Haus des Wissens: Für eine kommunale Markthalle!
Auf Abstimmung bestand die Ratsmehrheit auch beim Betriebskonzept für die Markthalle, die in einigen Jahren im Telekom-Block gegenüber des Rathauses eröffnet werden soll. „Leider haben Sie unseren Antrag abgelehnt, dieses während der Corona-Krise nicht dringliche Thema zu verschieben – obwohl der Beschluss erst in einigen Jahren tatsächlich Auswirkungen zeigen wird“, sagte unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi. Sie kritisierte, dass die Stadt laut Beschlussvorlage der Verwaltung ihre Markthalle nicht selbst betreiben soll, obwohl sie sich mitten in einem wichtigen städtischen Gebäude befinden wird. „Outsourcing ist grundsätzlich ein Problem, aber in diesem Fall würden wir uns damit ein paar besondere Konflikte ins Haus holen: Das Konzept sieht ja vor, dass es Flächen gibt, welche die Markthalle und kommunale Einrichtungen wie die VHS und die Stadtbücherei gemeinsam nutzen sollen. Für solidarische Aushandlungsprozesse über die Nutzung der Flächen ist es keinesfalls hilfreich, wenn die gemeinwohlorientierten städtischen Einrichtungen in Konkurrenz zu einem profitorientierten Markthallenbetreiber gesetzt werden.“ Deswegen forderte sie, die Markthalle ebenfalls in kommunaler Trägerschaft zu betreiben. „Außerdem fehlt bisher jede Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer an Entscheidungsprozessen. Als Linksfraktion stehen wir ausdrücklich hinter der Idee einer Markthalle, so lange sie ein zusätzliches kommunales Angebot ist, und nicht als Argument für die Abschaffung der traditionellen Wochenmärkte angeführt wird.“ Die Rede im Wortlaut. Trotz dieser Kritik ließ sich die Ratsmehrheit aus SPD, CDU und Grünen nicht auf Diskussionen über Nachbesserungen ein und verabschiedete das Konzept gegen die Stimmen der Linksfraktion.
11. Schulöffnungen: Verwaltung antwortet unzureichend
Nur in Bruchteilen hat die Verwaltung auf unsere umfassende Anfrage zu den Voraussetzungen für die Wiedereröffnung der Bochumer Schulen geantwortet. Im Haupt- und Finanzausschuss teilte sie lediglich mit, dass die Stadt sich in Gesprächen mit den Schulen befinde, und dass ein Hygieneplan erstellt worden sei. Vorgesehen sei in den Schulgebäuden auch eine Kontaktflächenreinigung durch speziell geschultes Reinigungspersonal. An den Waschbecken werde jedoch kein Desinfektionsmittel zur Verfügung stehen, sondern die Schülerinnen und Schüler sollen es lediglich vom Lehrpersonal ausgehändigt bekommen. Alle weiteren Fragen will die Verwaltung nur schriftlich beantworten – und diese schriftliche Antwort steht nach wie vor aus.
Damit ist für uns nach wie vor ungeklärt, ob die Stadt die notwendigen hygienischen Standards und baulichen Voraussetzungen für einen sicheren Schulbetrieb aktuell überhaupt gewährleisten kann. Im Einzelnen wollen wir nach wie vor wissen, welche Infektionsschutz-Maßnahmen, Abstandsregeln und Klassengrößen in Bochum umgesetzt werden. Auch wissen wir bisher nicht, auf wie viele Schülerinnen und Schüler in den Bochumer Schulen jeweils ein Waschbecken kommt, und wie viele Personen sich rechnerisch eine Toilette teilen. Genauere Informationen, in welchen zeitlichen Abständen die Schulräume sowie die Toiletten und Waschbecken gereinigt werden, fehlen ebenfalls. Infos darüber, wie ein infektionsfreier Schulbusverkehr gewährleistet werden soll, wollte die Verwaltung auf der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses auch nicht geben. Das sei noch „ein Blick in die Glaskugel“, hieß es. Angesichts der Tatsache, dass inzwischen bereits wieder viele Schüler*innen in die Schule geschickt werden und die Landesregierung auf weitere Öffnungen drängt, halten wir diese Informationspolitik der Stadt Bochum für völlig unzureichend. Mehr Infos zur Anfrage.
12. Ämter-Rochade im Fraktionsvorstand
Nach Wochen voller Telefon- und Videokonferenzen hat sich unsere Ratsfraktion vergangenen Dienstag zum ersten Mal wieder zu einer persönlichen Fraktionssitzung getroffen. Wegen der besonderen Situation fand das Treffen unter freiem Himmel, mit ausreichendem Abstand und mit Mund-Nase-Masken statt. Hauptgrund für das persönliche Treffen war, dass zwei Neuwahlen im Fraktionsvorstand auf der Tagesordnung standen: So schlug der bisherige Fraktionsvorsitzende Ralf-D. Lange den bisherigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Horst Hohmeier als seinen Nachfolger vor. Die Ratsfraktion wählte Horst Hohmeier einstimmig zu ihrem Vorsitzenden, der damit ab sofort zusammen mit Gültaze Aksevi an der Spitze der Fraktion steht. Ralf-D. Lange kandidierte seinerseits für das dadurch frei werdende Amt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender und wurde ebenso einstimmig gewählt. Am Tag zuvor hatte bereits die Gesamtfraktion der Bochumer LINKEN bei ihrer wöchentlichen Telefonkonferenz ein eindeutiges Votum für diese Besetzung der Ämter abgegeben. Der Gesamtfraktion gehören neben den Ratsmitgliedern auch die sachkundigen Bürger*innen der Bochumer LINKEN und die Bezirksvertreter*innen der Partei an. Wir gratulieren Horst Hohmeier und Ralf-D. Lange zur Wahl und freuen uns auf weiterhin gute Zusammenarbeit! Zur Erklärung.
13. Unterstützung für „Bochum hilft“
Gemeinsam mit den Kreissprecher*innen der Bochumer LINKEN Wiebke Köllner und Amid Rabieh hat unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi dringend benötigte Sachspenden an „Bochum hilft“ übergeben. Mit den Lebensmitteln und Hygieneartikeln will die Initiative ganz konkret Menschen in der Notunterkunft an der Höntroper Straße das Leben ein wenig erleichtern. Seit vier Jahren ist „Bochum hilft“ aktiv, um Bochumerinnen und Bochumern ohne Wohnung konkret zu unterstützen – und um damit auch ein Zeichen gegen die Armut in unserer Stadt zu setzen. Während der Corona-Pandemie wollen die Aktiven nun ihr Engagement verstärken. Das finden wir großartig und sind sehr gerne dabei. Denn die Corona-Krise trifft Menschen, die auf der Straße und in Notunterkünften leben, besonders hart. Neben unserem politischen Kampf für einen sozialen Politikwechsel ist diese Nothilfe leider unerlässlich. Wir danken den Aktiven von ‚Bochum hilft‘ für ihren tollen Einsatz und rufen alle auf, die Initiative ebenfalls zu unterstützen. Foto von der Aktion.
14. Radverkehr 1: Linksfraktion relativiert städtische Berechnung
Im Mobilitätsausschuss hat die Stadtverwaltung auf Anfrage der Linksfraktion eine Berechnung vorgelegt, wie viel Geld die Stadt Bochum pro Jahr und Einwohner*in in den Radverkehr investiert. Im Ergebnis kommt die Stadt für das Jahr 2019 auf einen Pro-Kopf-Aufwand von 13,39 Euro für Investitionen und Sachkosten beim Bochumer Radverkehr. Zusätzlich seien 2,07 Euro an Personalkosten ausgegeben worden. Außerdem habe der Regionalverband Ruhr noch 3,88 Euro pro Kopf für die hiesige Rad-Infrastruktur ausgegeben. Zum Vergleich: Laut einer Greenpeace-Studie investierten die vorbildlichen europäischen Fahrrad-Städte Kopenhagen (35,60 Euro), Oslo (70 Euro) und Utrecht (132 Euro) im Jahr 2018 wesentlich mehr. Unser Ausschuss-Mitglied Sabine Lehmann hat außerdem auf die unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen hingewiesen: „Bochum hat zum Beispiel 50 Prozent der Kosten für die Straßenbeläge vieler Tempo-30-Straßen mit eingerechnet. Bei den Personalkosten berücksichtigt die Stadt anteilig alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betroffenen Ämtern. Wir müssen davon ausgehen, dass die Summe deutlich niedriger ausfallen würde, wenn die gleichen Kriterien wie bei der Greenpeace-Studie angelegt würden.“ Zur Erklärung.
15. Radverkehr 2: Keine Corona-Radwege, kein zusätzliches Personal
Unser Mitglied im Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität Sabine Lehmen kritisiert scharf, dass die Mehrheit aus SPD, CDU und Grünen eine Bürgeranregung zur Verstärkung des Personals für die Radverkehrsplanung abgelehnt hat. Als Linksfraktion unterstützen wir darüber hinaus die Forderung des Radwende-Bündnisses nach Sofortmaßnahmen, um den während der Corona-Krise zunehmenden Radverkehr besser zu schützen. Im Rahmen unseres Maßnahmenpakets zur solidarischen Bewältigung der Krise haben wir beantragt: Wie zum Beispiel in Berlin oder Paris sollte auch in Bochum auf die deutliche Zunahme des Radverkehrs reagiert werden, indem Fahrspuren für die Dauer der Krise versuchsweise zu Radstreifen umgewidmet werden. Leider hat eine übergroße Koalition u.a. aus SPD, Grünen und CDU gegen den Vorschlag gestimmt, und damit verhindert, dass es zu einer Umsetzung kommt.
16. Corona-Soforthilfe kann zur Falle werden
Die „schnell und unbürokratisch“ ausgezahlte Soforthilfe für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen kann sich für diese schnell zu einem Bumerang entwickeln. Darauf hat unser Ratsmitglied Horst Hohmeier hingewiesen. Mit einer Stellungnahme hat er den Bund aufgefordert, die Förderbedingungen zu ändern. Darüber hinaus hat er die Stadt Bochum und die Bochumer Wirtschaftsförderung gebeten, diesbezüglich bei den Verantwortlichen in Berlin vorzusprechen. Kern der Kritik ist, das sogenannten „Entnahmen“ nicht als förderfähig anerkannt werden. Dadurch drohen den Betroffenen existenzbedrohende Rückzahlungsforderungen. „Die Entnahmen sind sozusagen die Gehälter der Inhaber*innen, mit denen diese ihren Lebensunterhalt bestreiten“, sagt Horst Hohmeier. „Wer sich diesen bürokratischen Unsinn ausgedacht hat, hat entgegen aller Beteuerungen die Lebensentwürfe und die Probleme der Solo-Selbständigen zum Beispiel im Kulturbereich schlicht nicht verstanden. Dies gilt insbesondere für die SPD und ihren Finanzminister. Aber auch für die Kommunen ist diese Abwälzung der Kosten auf die Arbeitsagentur von Nachteil, da diese zunächst auf den Kosten sitzen bleiben und auch nur ein Teil vom Land erstattet wird.“ Die gesamte Stellungnahme mit einer Beispiel-Rechnung.
17. Abschiebungen aus Bochum
Von 2018 bis zur zwölften Kalenderwoche dieses Jahres haben die Bochumer Behörden insgesamt 156 Menschen aus unserer Stadt abgeschoben – das ist das Ergebnis einer Anfrage unserer Fraktion. Darunter befanden sich 24 Minderjährige, und 33 der Betroffenen landeten zunächst in Abschiebehaft. Hinzu kommen 40 Ausweisungen, 63 Feststellungen des Verlusts der Freizügigkeit, und 54 Ausreiseaufforderungen bzw. Abschiebungsandrohungen als Einzelentscheidungen. Die Anfrage der Linksfraktion ist nötig geworden, weil die regelmäßig zu den Sitzungen des Sozialausschusses veröffentlichten Zahlen längst nicht alle Fälle umfassen. Wie durch Nachfragen unserer Fraktionsvorsitzenden Gültaze Aksevi öffentlich wurde, sind in der offiziellen Statistik lediglich Abschiebungen von Menschen erfasst, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Wer seinen Lebensunterhalt selbst verdient oder ALGII bezieht, taucht in den Zahlen nicht auf. Die Antwort der Verwaltung im Wortlaut.
18. Video zum 1. Mai
„Heraus zum ersten Mai“ hieß in diesem Jahr: Online protestieren für bessere Arbeitsbedingungen und eine solidarische Gesellschaft! Der DGB Ruhr-Mark hat unter dem Titel „Was die Menschen am 1. Mai vermissen werden“ einen Film aus Bochum veröffentlicht, in dem unter anderem unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi zu Wort kommt. Zu dem Video.
19. In eigener Sache: Telefonsprechstunden der Linksfraktion
Unsere Fraktion hat ihre wöchentliche offene Sprechstunde auf eine Telefonsprechstunde umgestellt. Jeweils montags von 16:00 bis 17:30 Uhr steht ein Ratsmitglied unter der Telefonnummer 0234 – 910 12 95 für Fragen, Anregungen und Kritik zur Verfügung. Am Montag, den 4. Mai ist ist Benny Krutschinna auf diesem Weg zu erreichen. Benny vertritt die Linksfraktion auch im Ausschuss für Schule und Bildung sowie im Wahlprüfungsausschuss. Darüber hinaus ist er Mitglied im Beirat der Bochumer Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW und in der Gesellschafterversammlung der SBO Senioreneinrichtungen. Am Montag, den 11. Mai steht Ralf-D. Lange zum Gespräch zur Verfügung.
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