Newsletter unserer Linksfraktion

Liebe Leserin, lieber Leser,

die letzte Ratssitzung in diesem Jahr verlief wie erwartet. Der Doppelhaushalt wurde mit den Stimmen der Rathauskoalition so beschlossen, wie er zu Beginn der Haushaltsberatungen von der Verwaltung eingebracht wurde. SPD und Grüne haben beim für die kommenden beiden Jahre wichtigsten Beschluss jeden Gestaltungsspielraum aufgegeben. Man verlässt sich lieber auf die Glaskugel der Verwaltung. Eigentlich wäre es da konsequent gewesen, wenn die Vorsitzenden der beiden Fraktionen auf ihre Haushaltsreden verzichtet hätten. Mehr als heiße Luft und Schönrednerei kam dabei ohnehin nicht zustande.

In diesem Newsletter blicken wir auf die Haushaltsberatungen und unsere Gründe für die Ablehnung des unsozialen und vollkommen mutlosen Haushaltsplans sowie der Gebührenerhöhungen zurück. Zudem geht es um das Schneckentempo bei der Etablierung von Erbbaurecht bei Grundstücksvergaben, den Schulentwicklungsplan für Grundschulen, ein Hintertürchen beim Pop-up-Radweg an der Wittener Straße, Sozialstandards bei öffentlichen Vergaben, die Auswirkungen des 49€-Tickets und das Silvesterfeuerwerk. Viele spannende und für Bochum wichtige Themen.

Wir wünschen viel Freude beim Lesen, erholsame und schöne Feiertage sowie einen guten Start in ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2023.

Die Themen im Einzelnen:

1. Nein zum Doppelhaushalt: Glaskugel statt sozialem und ökologischem Aufbruch
2. Schneckentempo beim Erbbaurecht
3. Schulentwicklungsplanung: Zu viele Container – zu wenig Tempo
4. Einschränkungen beim Silvesterfeuerwerk in diesem Jahr?
5. Auswirkungen des 49€-Tickets auf die BOGESTRA
6. Rot-grünes Hintertürchen beim Pop-up-Radweg an der Wittener Straße
7. Sozialstandards bei öffentlichen Vergaben
8. Wie ist Bochum beim Winterdienst auf Radwegen aufgestellt?
9. Sicherheit von Schiedsrichtern erhöhen
10. Spannender Austausch mit der Bezirksschülervertretung
11. Nachgefragt: Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge

1. Nein zum Doppelhaushalt: Glaskugel statt sozialem und ökologischem Aufbruch

Beim Rückblick auf die Haushaltsberatungen müssen wir uns immer noch verwundert die Augen reiben. Etatberatungen ohne echte Beteiligung der Rathauskoalition sind nicht nur speziell, sondern auch schlecht für Bochum. Das Ergebnis bei der letzten Ratssitzung in diesem Jahr war also bereits seit der ersten Fachberatung im Verkehrsausschuss Mitte Oktober absehbar. Und so haben SPD und Grüne ohne jede Änderung, aber mit viel heißer Luft den Haushaltsentwurf der Verwaltung durchgewinkt.

Selbst die Grünen haben ihren schnell wieder abgeblasenen Einsatz für stärkere und dringend notwendige Investitionen in Kitas, Schulen, Sportplätze und Radwege vergessen und mit großer Freude dem Haushalt für die kommenden beiden Jahre zugestimmt. Statt real in die Zukunft zu investieren, gibt der Grünen-Fraktionsvorsitzende als oberste Maxime aus, die Investitionskraft zu erhalten. Dem müsse man alles andere unterordnen. Das ist schon bemerkenswert. Die Grünen drücken gemeinsam mit der SPD kräftig auf die Investitionsbremse und wollen das dann als großen Erfolg verkaufen. Ohne Investitionen werden aber die Entwicklungschancen und im Ergebnis auch die Investitionskraft gemindert. Wir sagen klar: Verwaltung und Koalition verpassen mit diesem Doppelhaushalt die Chance, die Weichen für die Bewältigung der Krise und einen sozialen und ökologischen Aufbruch zu stellen.

Unsere Fraktionsvorsitzende, Gültaze Aksevi, hat es in ihrer Haushaltsrede auf den Punkt gebracht: „Die Verwaltung legt für die kommenden beiden Jahre einen Haushaltsentwurf vor, der keinen Rückenwind erzeugt. Dieser Doppelhaushalt will vermeintlich auf Nummer sicher gehen und die schwarze Null halten, hinterlässt am Ende aber doch nur große Unsicherheit. Unsicherheit bei den Menschen, dem Ehrenamt und den Unternehmen in unserer Stadt. Es fehlen mutige Investitionen und Hilfen für die Bochumer Vereine, Initiativen und die Menschen, die eh schon kaum über die Runden kommen. Wer in dieser Stadt in der Krise Hilfe benötigt, wird von SPD und Grünen verlässlich an Bund und Land verwiesen oder auf später vertröstet. Statt mutigem Handeln ist hier Aussitzen das Motto. Dieser Stillstand schadet unserer Stadt.“ Jetzt und in der Zukunft!

Statt die Zukunft der Tagespflege mit einer Erhöhung der Sachkostenpauschale zu sichern, wie wir es beantragt haben, duckt sich die Koalition bis heute lieber weg. Dass immer mehr Tageseltern Alarm schlagen und um Hilfe bitten, ignoriert die Sozialdezernentin, und erhält dafür Rückendeckung von SPD und Grünen. Ein WAZ-Artikel, in dem anonym berichtet wird, dass die Kindertagespflege eigentlich eine Goldgrube sei, diente im letzten Jugendhilfeausschuss als Beleg. Wir finden diesen Umgang mit Tageseltern, die sich täglich für bestmögliche Startchancen für alle Bochumer Kinder einsetzen, unmöglich. Offenbar verliert die Koalition beim Schielen auf die schwarze Null den Blick für die Realität. Ein Wegbrechen von Betreuungsplätzen können wir uns aber nicht leisten.

Im gegen unsere Stimmen beschlossenen Haushalt fehlt es aber auch an ausreichend Geld für den Ausbau der Radinfrastruktur samt stärkerem Einsatz von sicheren Pop-up-Radwegen. Die rot-grüne Verkehrswende kommt so nicht von der Stelle. Während man beim Autoverkehr die Geschwindigkeit nur ungern reduziert (Stichwort: mehr Tempo 30), soll die Radwende lieber ohne jedes Tempo auskommen.

Auch beim Kita-Ausbau verweist man, wie es der SPD-Fraktionsvorsitzende in seiner Haushaltsrede getan hat, lieber auf Städte, wo es noch schlechter läuft. 327 Kinder, die in diesem Jahr auf einen Betreuungsplatz warten, sollen sich also nicht so anstellen. Woanders würden noch viel mehr mit ihnen zusammen in der Warteschlange stehen. Weniger Ambitionen für die Entwicklung eines lebenswerten Bochums gehen kaum.

Dazu passt auch die großspurige Aussage desselben SPD-Fraktionsvorsitzenden vor der Etatberatung im Haupt- und Finanzausschuss. So wollten sich SPD und Grüne guten Ideen der Opposition nicht verschließen, sie hätten aber keine gesehen. Eine stärkere Unterstützung der Vereine und Initiativen im Gesundheitsbereich über die Steigerung um 2,5 Prozent hinaus, wie wir es beantragt haben, soll also unsinnig sein? Und das, wo längst klar ist, dass die Kosten und Löhne deutlich stärker steigen werden. Ob angemeldete Bedarfe von Initiativen bei der im Sozialausschuss gemeinschaftlich beschlossenen Evaluierung im kommenden Jahr zu einer stärkeren Unterstützung führen, ließ die Koalition auf Nachfrage im Haupt- und Finanzausschuss dann auch offen. Planungssicherheit sieht anders aus. Und so werden die Vereine und Initiativen im Regen stehen gelassen.

Auch Sportgutscheine für Erstklässler:innen, ein Förderprogramm für Balkonsolargeräte (was ist eigentlich aus dem Klimanotstand geworden?), die kostenlose Teilnahme am Schulessen für alle Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten, mehr Geld für die Bochumer Vereine und Initiativen im Integrationsbereich und Machbarkeitsstudien für weitere Gesamtschulen, davon eine in Wattenscheid, wollten SPD und Grüne nicht. Egal wie wenig eine unserer Ideen gekostet hätte, am Ende wurde sie abgelehnt. Da kann man die Ankündigung des Grünen-Fraktionsvorsitzenden, dass wir uns als Oppositionsfraktion auf einen fairen Umgang verlassen könnten, wohl nur als vorgezogenen April-Scherz verstehen. Mit dieser Rathauskoalition sind keine an den Interessen der Bochumerinnen und Bochumer orientierten Haushaltsberatungen zu machen.

Neben dem fehlenden Gestaltungswillen der regierenden Fraktionen spricht aber auch die Aufstellung eines Doppelhaushaltes für sich. Wer in diesen Krisenzeiten zwei Jahre im Voraus planen will, muss eine gute Glaskugel besitzen oder besonders wenig Lust auf demokratische Beteiligung haben. Eine langfristige Festlegung für zwei Jahre verhindert eine schnelle Reaktion auf zwischenzeitlich auftauchende Probleme und Entwicklungen. Es müssen Posten im Haushalt hin und hergeschoben werden, eine sinnvolle demokratische Beteiligung wird dabei mindestens erschwert. Jährliche Haushaltsberatungen, die von einer transparenten langfristigeren Planung begleitet werden, sind unserer Meinung nach angemessener und demokratischer. Das gilt in Krisenzeiten besonders. Unser Eindruck war, dass das die Verwaltung durchaus auch so sieht. Warum dennoch auf einen Doppelhaushalt gesetzt wird, können wir nicht nachvollziehen.

Dieser Doppelhaushalt war im Ergebnis genauso abzulehnen wie zahlreiche Gebührenerhöhungen. Gegen unsere Stimmen wurden die Abfallgebühren sowie die Gebühren für Abwasser und die Straßenreinigung erhöht. Zu den ohnehin explodierenden Mieten, Lebensmittel- und Energiepreisen kommen jetzt noch steigende Gebühren. Wer soll das bezahlen? Die Menschen brauchen nicht stärkere Belastungen, sondern effektive und schnelle Hilfen. Dafür werden wir uns auch im kommenden Jahr einsetzen.

2. Schneckentempo beim Erbbaurecht

Vor über einem Jahr, am 26. August 2021, hat der Bochumer Rat eine Neuausrichtung der Bochumer Bodenpolitik und die verstärkte Vergabe von Grundstücken im Erbbaurecht beschlossen. Die Bilanz ist ernüchternd.

Die Verwaltung bringt es in der Antwort auf unsere Anfrage gut auf den Punkt, wenn sie von einer langsamen Etablierung der Grundstücksvergabe im Erbbaurecht spricht. „Schneckentempo ist aber am Ende zu langsam und kein Grund zur Freude“, erklärt unser Fraktionsvorsitzender, Horst Hohmeier.

Wir begrüßen es weiterhin, dass die Verwaltung verstärkt auf Erbbaurecht in Bochum setzen will. Unsere Befürchtungen haben sich aber leider bewahrheitet, dass der Beschluss aus dem vergangenen Jahr zu unpräzise und zahnlos war. Es rächt sich, dass die Koalition aus SPD und Grünen unseren Änderungsantrag abgelehnt und auf die generelle Vergabe von Wohnungsbau-Grundstücken im Erbbaurecht verzichtet hat. Im Ergebnis wurde nur ein Drittel der Grundstücke im Erbbaurecht vergeben. In diesem Jahr fand sogar keine Grundstücksvergabe im Erbbaurecht statt. Von einer mutigen Neuausrichtung der Bochumer Bodenpolitik kann so keine Rede sein.

Immerhin stellt die Verwaltung in der Antwort auf unsere Anfrage notwendige Nachbesserungen in Aussicht: So soll es Anpassungen der Grundstücksrichtlinien und des Zuständigkeitskataloges geben. Mehr Mut und Tempo können dabei nicht schaden. Wichtig wäre, dass zukünftig mit den Baugesellschaften Mietpreisbindungen über die ganze Vertragslaufzeit vereinbart werden. Das ist anderswo längst üblich und ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung der Mietpreisspirale in Bochum. Steigenden Mieten und dem Wegbrechen des sozialen Wohnraums wurde viel zu lange zugeschaut. Die Vergabe im Erbbaurecht sollte zudem endlich auch auf kommunale Gewerbeflächen ausgeweitet werden.

3. Schulentwicklungsplanung: Zu viele Container – zu wenig Tempo

Ein wichtiges Thema Bochumer Zukunftsplanung ist die Schulentwicklung. Hierbei muss sich die Stadt neben der notwendigen Aufholjagd bei der Digitalisierung dem seit längerem absehbaren Anstieg der Schülerzahlen in den nächsten Jahren stellen. Doch genau das passiert nun sehr spät und nur völlig unzureichend für die 49 Bochumer Grundschulstandorte. Im Schuljahr 2025/2026 wird es in Bochum den Planungen der Verwaltung nach, einen Bedarf von fast 12.500 Grundschulplätzen geben, ehe bis 2035 die Schülerzahlen mit rund 11.200 wieder das Niveau von 2020 erreichen. In den Bezirken Süd und Mitte allerdings wird nicht mit sinkenden Zahlen nach dem Peak 2025 kalkuliert.

Anstelle von Unterrichtsräumen mit guter Lernatmosphäre, will die Koalition, dass Bochumer Schülerinnen und Schüler in Containern, umfunktionierten Hausmeisterwohnungen und Kellerräumen unterrichtet werden. Insbesondere im Bezirk Mitte soll es Containerlösungen für den Raummangel geben. Mit Hilfe einer Raumplanungssoftware erhofft man sich den benötigten Raumbedarf herbeizaubern zu können. Es wird deutlich: Die verabschiedete Schulentwicklungsplanung ist auf Kante genäht.

Für die Grundschulen in Wattenscheid wird bereits die maximale Schülerzahl je Klasse vorausgesetzt und dennoch reichen die zur Verfügung gestellten Kapazitäten nur gerade so bei der aktuellen Planungsgrundlage zur Entwicklung des Schüleraufkommens. Sollte es nur einen minimalen außerplanmäßigen höheren Anstieg der Schülerzahlen geben, beispielsweise durch Zuzug, würde es in Wattenscheid beispielsweise bereits an Grundschulplätzen fehlen. Das ist Politikversagen mit Ansage und ein fahrlässiger Umgang mit den Zukunftschancen der jungen Generation, dem wir trotz leichter Nachbesserungen durch nun beabsichtigte Modulbauten statt Containern bei dauerhaftem Nutzungsbedarf im Rat nicht zugestimmt haben.

Wir als Linksfraktion sagen deutlich, dass es neue Grundschulstandorte braucht, beispielsweise durch die Reaktivierung ehemaliger Schulgebäude. Was Grüne und SPD betreiben, ist bloße Flickschusterei. Darüber hinaus fordern wir als Linksfraktion seit langem auch zwei neue Gesamtschulstandorte, wovon mindestens einer in Wattenscheid liegen soll.

4. Einschränkungen beim Silvesterfeuerwerk in diesem Jahr?

Zur vergangenen Ratssitzung im November hatten wir die Verwaltung zum Umgang mit Silvesterfeuerwerk in diesem Jahr befragt. Für verschiedene Bochumer Plätze hatte es in den vergangenen Jahren pandemiebedingt ein Feuerwerksverbot zu Silvester und Appelle an die Stadtbevölkerung gegeben, auch an anderen Stellen auf Feuerwerk zu verzichten.

Aus der Antwort der Verwaltung geht hervor, dass in diesem Jahr keine Böllerverbotszonen geplant sind, aber noch nicht entschieden sei, ob es Verzichtsappelle geben wird. Hinsichtlich der Umweltbelastung gibt die Verwaltung Auskunft, dass keine signifikanten Auswirkungen auf den Jahresgrenzwert bei der Feinstaubbelastung zu erwarten seien und die zulässigen 35 Überschreitungstage des Tagesmittelwertes durch Feuerwerk auch nicht in greifbare Nähe gerieten. In Einzelfällen gibt es jedoch die Möglichkeit, das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk nach dem Sprengstoffrecht und dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht einzuschränken, so die Verwaltung.

Auch im Rat wurde das Thema heiß diskutiert. Die Mehrheit des Rates findet ein zentrales und sicheres Silvesterfeuerwerk vollkommen unsinnig. Selbst eine Prüfung braucht es nicht. Wenn man nach der vorgebrachten Begründung für die Ablehnung geht, dürfte es in Bochum eigentlich keine Großveranstaltungen mehr geben. Denn auch da braucht es selbstverständlich ein Sicherheitskonzept.

5. Auswirkungen des 49€-Tickets auf die BOGESTRA

Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass es ein 49€-Ticket geben wird. Lange nach dem Auslaufen des erfolgreichen 9€-Tickets, für dessen Fortführung wir uns eingesetzt haben, wird es dann endlich wieder ein bezahlbares Ticket für den öffentlichen Nahverkehr geben. Wir wollten von der Verwaltung wissen, mit welchen Auswirkungen auf die BOGESTRA durch die Einführung des Deutschlandtickets zu rechnen ist, das zunächst 49€ kosten soll.

Die Verwaltung erwartet, dass es keine Engpässe geben wird und ein Bedarf für eine Ausweitung des Angebots ebenfalls nicht erforderlich ist. Zur Kompensation der zu erwartenden Einnahmenverluste seien noch keine Angaben möglich, man gehe aber von einer Deckung durch Land und Bund aus. Wir hoffen, dass sich der Oberbürgermeister hier stärker einsetzt, als beim 9€-Ticket, wo Abwarten die Devise war.

Zudem rechnet die Verwaltung mit einer Reduzierung des Ticketsortiments und einer Abwanderung von Bestandskunden zu den Abonnenten des Deutschland-Tickets. Wir schauen bei diesem Thema weiterhin genau hin und setzen uns für ein deutlich günstigeres Sozialticket ein. Bochum hätte hier längst vorangehen können, was SPD und Grüne aber bis heute ablehnen. Auf Bundes- und Landesebene muss sichergestellt werden, dass lokale Verkehrsbünde nicht die Verlierer des Deutschland-Tickets werden.

6. Rot-grünes Hintertürchen beim Pop-up-Radweg an der Wittener Straße

Auf der Wittener Straße kommt es stadteinwärts zwischen Nordstraße und Lohring für Radfahrende immer wieder zu gefährlichen Situationen. Ein Pop-up-Radweg soll die Gefahrenstelle jetzt sichern. Wir freuen uns, dass ein Verkehrsversuch beschlossen wurde. Unser Änderungsantrag wurde leider abgelehnt. Wir wollten die Möglichkeit, den Verkehrsversuch aufgrund von Regelverstößen abzubrechen, streichen.

Dass SPD und Grünen die Einrichtung des Pop-up-Radweges auf der Wittener Straße durch einen Verkehrsversuch begleiten wollen, begrüßen wir. Die Hintertür für ein schnelles Ende des Verkehrsversuchs hätte aber geschlossen werden müssen, findet unser verkehrspolitischer Sprecher, Wolfgang Möller. Einen Verkehrsversuch abzubrechen, weil sich Autofahrer nicht an die Regeln halten und so andere gefährden, ist eine absurde Vorstellung und lädt nur zu Regelverstößen ein. Es ist Aufgabe der Stadtverwaltung sicherzustellen, dass die Regeln eingehalten werden und eine Beeinträchtigung des Bahnverkehrs verhindert wird.

Auch an anderen Stellen in Bochum sollte, mehr Mut bei der Einrichtung von Pop-up-Radwegen gewagt und Gefahrenstellen so zeitnah und ohne große Kosten entschärft werden. Die Sicherung der Gefahrenstelle auf der Wittener Straße sollte der Startschuss für eine Aufholjagd bei der Sicherung der Bochumer Radwege sein.

7. Sozialstandards bei öffentlichen Vergaben

Ein wichtiges Thema, bei dem wir auf kommunaler Ebene Handlungsspielraum haben, ist die Einhaltung von Tariftreue, betrieblicher Mitbestimmung und Sozialstandards bei öffentlichen Vergaben. Deshalb wollten wir von der Verwaltung wissen, in welchem Umfang die Stadt in diesem Jahr öffentliche Aufträge an Unternehmen vergeben hat, die diese einhalten und wie sich dieser Anteil in den letzten fünf Jahren entwickelt hat. Außerdem haben wir angefragt, ob es als notwendig angesehen wird, die öffentlichen Aufträge der Stadt Bochum zukünftig nur noch an solche Unternehmen zu vergeben.

Die Antwort der Verwaltung auf unsere Anfrage ist ernüchternd und wenig aussagekräftig: Der Anteil sei nicht messbar. Es gibt keine flächendeckende Prüfung, ob die per Eigenerklärung der Unternehmen bestätigten Standards nach dem Tariftreue- und Vergabegesetz tatsächlich erfüllt werden. Stattdessen wird auf teilweise vorhandene Siegel verwiesen. Die Verwaltung sieht auch keine Notwendigkeit, Aufträge nur noch an Unternehmen zu vergeben, bei denen betriebliche Mitbestimmung, Tariftreue und Sozialstandards sichergestellt sind.

Wir als LINKE sagen ganz klar, dass es öffentliche Aufträge nur an Unternehmen geben darf, die Arbeitnehmerrechte vollumfänglich respektieren. Das ist das Mindeste, was von einer Verwaltung unter SPD-Führung zu erwarten sein sollte.

8. Wie ist Bochum beim Winterdienst auf Radwegen aufgestellt?

Draußen ist es längst eisig. Da wird der Winterdienst auf Radwegen besonders wichtig. Welche Bochumer Radwege beim Winterdienst Priorität haben und wie sichergestellt werden soll, dass bei Schneefall Fahrradwege, Fußwege und auch Straßenbahngleise nicht zugeschoben werden, war Inhalt einer Anfrage.

Die Verwaltung antwortet, dass der Winterdienst auch auf Radwegen an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen durchgeführt wird und näheres zu den Streustufen ist der Straßenreinigungssatzung zu entnehmen ist. Darüber hinaus sollen aber auch Teilbereiche der Universitätsstraße und des Springorum-Radwegs freigehalten werden von Eis und Schnee. Auf separaten Radwegen ohne Kanalisation gebe es nach Auskunft der Verwaltung keine Alternative zu Salz, da abstumpfende Mittel ungeeignet sind. Die Streupläne seien so angepasst worden, dass der Schnee so weit wie möglich an den rechten Fahrbahnrand geschoben wird und die Straßenbahngleise im Kreuzungsbereich mitbearbeitet werden. Dafür soll es eine wiederholte Durchfahrt der Winterdienstfahrzeuge geben.

Wir sind gespannt, ob die Umsetzung gelingt und bleiben ansprechbar für Beschwerden zu Orten, wo es Nachbesserungsbedarf gibt, damit in diesem Winter keine Gruppe von Verkehrsteilnehmern beim Winterdienst zu kurz kommt.

9. Sicherheit von Schiedsrichtern erhöhen

Es ist nicht lange her, da machte Bochum republikweit Schlagzeilen mit dem erschütternden Angriff auf einen Schiedsrichter bei einem Amateurspiel. Wir haben deshalb bei der Verwaltung angefragt, welche Maßnahmen angedacht sind, um Schiedsrichter und damit ein wichtiges Ehrenamt auf den städtischen Sportplätzen besser zu schützen.

Lösungen werden der Antwort der Verwaltung nach im Arbeitskreis „Gewalt im Sport“ erarbeitet. Daneben hat der Fußballkreis Bochum eine „Task Force“ ins Leben gerufen, die Spiele begleiten soll. Außerdem finde eine Sensibilisierung der Vereine statt, die künftig auch eine höhere Zahl an Ordnern stellen sollen. Warum das Referat für Sport und Bewegung sich erst nach Urteilsverkündung durch das Bezirkssportgericht an den Verein und den Fußballkreis Bochum wenden will, geht aus der Antwort nicht hervor. In Absprache mit dem Fußballverband solle nach einer möglichen Verurteilung des Täters geprüft werden, ob ein Hausverbot ausgesprochen wird. Dies geschehe nach Auskunft der Verwaltung bei allen bekanntwerdenden Gewalttaten auf Bochumer Sportplätzen.

Wir werden auch weiterhin überprüfen, inwiefern die Stadt ihrer Mitverantwortung nachkommt bei Dingen, die auf städtischem Grund passieren. Insbesondere der Schutz des Ehrenamtes muss immer eine Priorität haben.

10. Spannender Austausch mit der Bezirksschülervertretung

Das war ein besonders schöner Termin. Wir haben uns intensiv mit der Bochumer Bezirksschüler:innenvertretung ausgetauscht. Die BSV Bochum hat ihre Arbeit und Schwerpunkte vorgestellt. Zudem ging es um die langsame Digitalisierung der Schulen, die noch immer viele Probleme bereitet, die Debatte um einen späteren Schulbeginn, den Schulentwicklungsplan, weitere Gesamtschulen für Bochum und die Ausstattung der Schulen. Dabei wurden viele Gemeinsamkeiten deutlich. Wir haben uns sehr über das Treffen gefreut und freuen uns schon auf den weiteren Austausch.

Am 6. Dezember hat sich die BSV Bochum im Schulausschuss vorgestellt. Wir waren über die ablehnende Reaktion der anderen Fraktionen auf die Forderungen der BSV überrascht. Ein kleines Budget für die wichtige Arbeit? Rederecht im Schulausschuss, deren Beschlüsse Schüler:innen direkt betreffen? Das scheint mit der Mehrheit im Schulausschuss nicht zu machen zu sein. Wir werden die BSV bei ihrer Arbeit auch zukünftig unterstützen und uns für ihre Forderungen einsetzen.

11. Nachgefragt: Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge

Wie schwierig die Situation für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in diesem Jahr in Bochum war, bestätigen die Zahlen, die die Stadt auf unsere Anfrage hin vorgelegt hat. Während Mitte September noch 93 Flüchtlinge in Bochum Schutz gesucht haben, waren es am 19. Oktober mit 243 mehr als doppelt so viele. Erst im Dezember hat sich die Lage verbessert, da endlich mehr NRW-Städte ihrer Verpflichtung zur Aufnahme der Jugendlichen nachgekommen sind. Die Zahlen bestätigen unseren Eindruck, der Anlass für die Anfrage bei der vorletzten Ratssitzung war. Der Initiativkreis Flüchtlingsarbeit in Bochum hatte sich in einer Erklärung entsetzt gezeigt. Denn die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wurden lange in Turnhallen untergebracht. Dass das nicht sinnvoll ist, hat die Stadt bestätigt. Aus Sicht der Verwaltung war der Anstieg der Zahlen so plötzlich, dass sie keine Vorkehrungen treffen konnte. Das sehen wir weiterhin kritisch. Wenn Unterbringungsmöglichkeiten so auf Kante genäht sind, dass steigende Flüchtlingszahlen zu einer völligen Überforderung und zur Unterbringung in Turnhallen führen, läuft etwas falsch. Das kann nicht unser Anspruch sein. Hier muss dringend nachgebessert werden. Als weitere Gründe für die entstandenen Schwierigkeiten nennt die Verwaltung den Fachkräftemangel in der Jugendhilfelandschaft, wodurch steigende Bedarfe nicht abgedeckt werden können. Die Schaffung von kleineren Brückenlösungen, wo Jugendliche dann sinnvoll untergebracht werden können, habe zudem seine Zeit gebraucht. Die Verwaltung bestätigt, dass eine Überarbeitung des bisherigen Unterbringungskonzeptes notwendig ist. Wir sind gespannt, was das Ergebnis sein wird. Dabei wird es auch darauf ankommen, wie mehr Fachkräfte und angemessene Einrichtungen gefunden und geschaffen werden können. Wir werden den Prozess kritisch und konstruktiv begleiten.