Das Bochumer Jobcenter hat 311 Bochumer Schülerinnen und Schülern aus Familien im Harz-IV-Bezug den Zuschuss zur Anschaffung eines Tablets bzw. Computers für den digitalen Distanzunterricht verweigert. Entscheidungen über 482 Anträge standen Anfang Mai noch aus. Das ist das Ergebnis einer Anfrage der Bochumer Linksfraktion im Rat. Es ist davon auszugehen, dass die hohe Zahl der Ablehnungen im Zusammenhang mit einer E-Mail aus dem Bochumer Schulamt steht, in der die Schulen aufgefordert worden sind, notwendige Bescheinigungen zu verweigern.
„Schuldezernent Dietmar Dieckmann muss sofort vermittelnd tätig werden, damit das Jobcenter zusammen mit den Schulen eine unbürokratische Lösung findet, um die verweigerten Zuschüsse endlich auszuzahlen“, fordert Benny Krutschinna, Mitglied der Bochumer LINKEN im Ausschuss für Schule und Bildung. „Wenn Schülerinnen und Schüler aus ärmeren Familien in Bochum unrechtmäßig benachteiligt werden, dann darf die Schulverwaltung das nicht hinnehmen. Es gibt eine direkte Mitverantwortung der Stadt: Die Kommune ist zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit Träger des Jobcenters, das die Anträge abgelehnt hat. Und das Schulamt, aus dem die verhängnisvolle E-Mail versendet wurde, ist als Aufsichtsbehörde des Landes beim städtischen Schulverwaltungsamt untergebracht.“
Der Hintergrund der Auseinandersetzung: Kinder aus Familien im Harz-IV-Bezug haben wegen der Corona-Krise Anspruch auf einen einmaligen Jobcenter-Zuschuss zur Anschaffung eines digitalen Endgeräts. Voraussetzung für die Unterstützung in Höhe von bis zu 350 Euro ist, dass die Schulen den Bedarf und die Teilnahme am Distanzunterricht schriftlich bestätigen. Ein Schulrat des Bochumer Schulamts hatte jedoch in einer E-Mail geschrieben, Lehrkräfte sollten in den Formularen nicht bestätigen, dass der Unterricht digital ausgeführt wird, und dass die Schüler*innen dafür auf einen internetfähigen Computer angewiesen sind. Es solle vermieden werden, dass Mängel beim digitalen Unterricht in Bochum dokumentiert werden, so die Vermutung.
Zur Aufklärung der Affäre hat die Linksfraktion eine umfassende Anfrage gestellt. Die Antwort steht nun auf den Tagesordnungen der Sitzungen des Sozialausschusses am 22. Juni und des Schulausschusses am 29. Juni. Wie viele der Anträge konkret wegen der fehlenden Bescheinigung abgelehnt worden sind, darüber geben Jobcenter und Stadtverwaltung trotz konkreter Nachfrage der LINKEN keine Auskunft. In ihrer Antwort bestätigen sie jedoch, dass die „fehlende Bescheinigung der Notwendigkeit durch die Schule“ einer der drei wichtigsten Ablehnungsgründe war. Insgesamt sind demnach bis zum Stichtag am 5. Mail 2.608 Anträge gestellt worden, 69,6 Prozent von ihnen wurden bis zu diesem Zeitpunkt bewilligt.
Die Anfrage der LINKEN und die Antwort der Verwaltung im Wortlaut.